BESCHLEUNIGE DEINE BARTENDING-KARRIERE MIT DIESEN TOP-TIPPS
ÜBERSICHT
Du willst eine Top-Barkeeperin bzw. ein Top-Barkeeper werden? Dann sind diese Top-Tipps der erfahrenen Barkeeper Evan Stroeve und Bianca Lima genau das Richtige für dich, um mit deiner Bartending-Karriere voll durchzustarten.
DAS LEBEN ALS BARKEEPERIN/BARKEEPER: KARRIERE-BEISPIELE

Evan
Wie viele von uns kam ich gerade von der High School und wollte an die Uni wechseln. Für meinen Lebensunterhalt jobbte ich in einer Bar. Ich zog dann nach Sydney, wo ich als Hilfskraft in einer kleinen Kult-Bar arbeitete – die dort spürbare Kreativität, Begeisterung und familiäre Atmosphäre faszinierten mich sofort. Die letzten fünf Jahre waren recht turbulent. Von meinem Job als Hilfskraft arbeitete ich mich hoch zum Barkeeper und schließlich zur Führungskraft.
Die Kultur, die mich nun umgab, entfachte ein Feuer in mir: Ich war fest entschlossen, so viel wie möglich zu lernen – so verschlang ich Cocktail-Rezeptbücher, besuchte jede Schulung und Masterclass, nahm an Events teil und traf neue Leute. Wie die meisten Nachwuchskräfte der Branche wollte ich möglichst viel Neues lernen – und das in möglichst kurzer Zeit. Dank dieser Einstellung wurde ich zum Bartender befördert und schließlich zum Manager. Ich arbeitete in sämtlichen Swillhouse Lokalen, bei The Baxter Inn, Frankie’s Pizza und Restaurant Hubert – meine geistige Heimat blieb aber immer der Shady Pines Saloon. Ich nahm an mehreren Cocktailwettbewerben teil, was meine kreative Seite für die Welt der Gastronomie nach vorne katapultierte – so langsam machte ich mir einen Namen in der Branche.
Nach meinen vier Jahren bei Swillhouse übernahm ich die Position des General Managers bei Bulletin Place. Inhaber Tim Philips hatte mich über Facebook kontaktiert – der Rest ist Geschichte.
Derzeit findet ihr mich im ‘Re’ Sydney, wo ich als Operations Manager arbeite. Geöffnet haben wir kurz nach meinem Sieg bei der Australian World Class Cocktail Competition und meinem dritten Platz bei den Global Finals 2021. Innerhalb von zehn Jahren konnte ich mir mit dem, was mit einem Teilzeitjob in einer Bar begonnen hatte, einen Namen in der australischen Gastrobranche machen.

Bianca
Ich studierte zwar Fashion Design, aber erst an der Bar lernte ich meine Kreativität auszuleben, indem ich Empfindungen vermitteln und Ideen für neue Drinks entwickeln konnte. Ich absolvierte das Diageo Bar Academy Learning For Life Programm und arbeitete in einigen bekannten Bars in São Paulo – der Start war jedoch alles andere als leicht.
Schließlich zahlte sich die harte Arbeit aus – ich gewann einige Championship-Titel, darunter sogar den World Class Brazil. Für mich ging damit ein Traum in Erfüllung. Seine persönlichen Ziele zu erreichen, ist ein unbeschreibliches Gefühl.
Ich bin überzeugt, dass es extrem wichtig ist, sich einen Plan zu machen: Welche kurz-, mittel- und langfristigen Ziele verfolgst du? Zu wissen, wo man hinmöchte und wer man bei der unendlichen Zahl an Möglichkeiten sein will, die uns die Gastrobranche bietet, wird dir helfen, deine Karriere voranzutreiben. So oder so wirst du von den „Wellen“ an deinen Platz getragen – wenn du aber weißt, in welche Richtung du gehst und was du willst, entwickelst du dich schneller und hast schneller Erfolg.
Als die Bars schließen mussten, stand ich plötzlich ohne Aufgabe da, weshalb ich überlegte, an welchen anderen Kompetenzen ich arbeiten könnte. Ich war immer recht kommunikativ, sodass ich diese Eigenschaft in den sozialen Netzwerken nutzte, um mich mit anderen auszutauschen und mein Netzwerk in der Branche zu vergrößern – Networking ist alles! Dies alles hat mir sehr viel gebracht – zum Beispiel parallel laufende Projekte, Partnerschaften und vor allem Sichtbarkeit. Nutze die Tools, die dir zur Verfügung stehen, und finde heraus, wie du dich selbst transformieren kannst.
TOP-TIPPS ZUR BESCHLEUNIGUNG DEINER KARRIERE
Evan
- Bleib dran, push dich selbst – Halte dein Verlangen hoch, zu lernen und zu wachsen. Und verfolge dieses Ziel sowohl bei der Arbeit als auch privat. Von Lesen über Schauspielunterricht und Fotografiekurse bis hin zu anderen tollen Dingen – sei aktiv, bleib hungrig und stelle alles in Frage. Auch bei einem Cocktailwettbewerb kann für dich viel herausspringen. Also unbedingt mitmachen, wenn sich die Gelegenheit dazu bietet!
- Lerne, nein zu sagen – Du legst deinen Wert und den Wert deiner Zeit selbst fest. Dies mag widersprüchlich klingen – gerade wenn du wirklich gerne in deinem Lokal arbeitest und dort unbedingt vorankommen möchtest. ArbeitgeberInnen muss aber klar sein, dass Überstunden die Ausnahme sein sollten und niemand dazu verpflichtet ist.
- Triff schwierige Entscheidungen – Es gab Zeiten, in denen ich monatelang weiterarbeitete und blieb, obwohl ich längst hätte kündigen sollen. Ich war müde, unmotiviert, ich entwickelte mich nicht weiter und war unterbezahlt. Ich ermutige natürlich jeden, immer alles zu geben, egal wo man arbeitet. Dabei hilft es, so zu tun, als würde einem das Lokal selbst gehören – du solltest aber nie vergessen, deiner Karriere höchste Priorität einzuräumen.
- Vergiss nie, woher du kommst – Ich war nicht immer dort, wo ich jetzt bin. Wir waren alle einmal jung, unerfahren und haben Fehler gemacht. Als Gastroprofis haben wir ein sehr feines Gespür für Demut und Aufrichtigkeit. Eine demütige Haltung wird sich in jedem Fall positiv auf deine Karriere auswirken.
- Gib auf dich Acht – Eine Karriere an der Bar ist berauschend, aufregend und hektisch. Sie kann sich daher negativ auf dein Wohlbefinden auswirken. Arbeiten bis tief in die Nacht, wenig Schlaf und zu viele Drinks tun ihr Übriges. Wenn du langfristig fit bleiben möchtest, musst du dich um deine mentale und körperliche Gesundheit kümmern und deine Balance finden. Dies ist sehr individuell und kann unterschiedliche Dinge beinhalten, von Sport, einem entspannenden Hobby abseits der Bar bis zu regelmäßigen Sitzungen bei einem Arzt oder Therapeuten. Manchmal reicht es auch, regelmäßig ein Sonnenbad zu nehmen oder zu einem Buch zu greifen.
Mir persönlich war Sport schon immer wichtig. Ich liebe Boxen und trainiere dreimal pro Woche. Darüber hinaus versuche ich, mindestens ein bis zwei Stunden pro Woche zu lesen – möglichst etwas, das nichts mit Gastronomie zu tun hat. Zudem gehe ich regelmäßig zu meinem Therapeuten – diese Unterstützung hat mir vor allem in schweren Phasen meines Lebens weitergeholfen. Im Moment geht es mir dabei eher um den Austausch mit einer neutralen Person, die mir hilft, meine Gedanken zu ordnen.
Bianca
- Vergleiche dich nicht – Jeder hat bei der Arbeit sein eigenes Tempo – der eine schafft mehr, der andere weniger. Dies bedeutet jedoch nicht, dass man mehr oder weniger wert ist als andere. Wichtig ist, dass du deinen eigenen Rhythmus findest.
- Genieße den Weg zum Ziel – Ich erinnere mich noch gut an meine Anfänge, als meine Aufgaben nur darin bestanden, Gläser zu spülen und Gemüse zu schneiden. Wichtig ist, dass man auf jeder Stufe alles Wichtige lernt, was es zu lernen gibt. Leute, die entscheidende Phasen überspringen oder ohne die nötige Ausbildung nur bestimmte Jobs wie BarchefIn anstreben, sind meist nicht langfristig erfolgreich.
- Lerne fleißig – Es gibt immer neue Fähigkeiten, die du dir für die Bar aneignen kannst. Wenn du dich nicht ständig verbesserst, verlierst du irgendwann den Anschluss. Treibe dich selbst an – du wirst überrascht sein, welche Möglichkeiten sich dadurch ergeben.

TIPPS, WIE DU DIR DEINEN KARRIEREWEG SELBST EBNEN KANNST
Evan
Sei authentisch. Erforsche, analysiere und eigne dir Konzepte und Ideen an, die dir wirklich etwas bedeuten. Dies kann die Liebe zu Whisky, lokalen Produkten, nachhaltigen Produkten oder klassischen Drinks sein.
Was auch immer es ist – kombiniert mit einem guten Produkt kannst du deine Kreation kommunizieren und vermarkten, um selbst oder als Bar herauszustechen. Selbstvertrauen spricht Menschen an – sie wünschen sich, dass ihr Gegenüber sein Handwerk beherrscht. Wenn du dein Know-how mutig einsetzt, kannst du dir bei deinen KundInnen und in der Branche eine Namen machen.
Bianca
Leider erleben wir auch heute noch Belästigungen und Vorurteile gegenüber Frauen in unserer Branche – wir haben aber auch schon viel erreicht. Ich bin überzeugt, dass wir die Realität Schritt für Schritt transformieren werden und dass es sehr wichtig ist, sich mit ganzer Kraft für Veränderung einzusetzen und den Weg für die Zukunft von Frauen in der Branche zu ebnen.
BRANCHENTOOLS, MIT DENEN DU EINEN SCHRITT VORAUS BLEIBST
Evan
- Meetings und Mitarbeitergespräche werden in unserer Branche eher nach dem Ad-hoc-Prinzip gehandhabt. Oftmals finden sie bei einem Bier an der Bar statt, oder kurz vor deiner Schicht. Keine der Parteien bereitet sich wirklich vor (was vor allem auf kleine Bars zutrifft). Mitarbeitende, die noch kein Feedback zu ihrer Leistung erhalten haben, wissen nicht, wie sie sich vorbereiten sollen und was sie erwartet. Daher sind sie häufig entsprechend eingeschüchtert. Eine Gehaltserhöhung zu verhandeln, kann eine heikle Angelegenheit sein. Hierbei sollten Zahlen im Vordergrund stehen, nicht Emotionen. Du hältst die Situation vielleicht für offensichtlich, solltest deinen Wert aber mit konkreten Beispielen untermauern. Vielleicht hast du an der neuen Cocktailkarte mitgearbeitet, die seit kurzem in der Bar ausliegt, hast jüngere KollegInnen geschult oder bist für die Lagerbestände zuständig. Am besten überzeugst du mit konkreten Fakten:
- Die Cocktailkarte bringt nun 10 % mehr Umsatz, wobei deine drei Cocktails zu den Topsellern mit den niedrigsten Kosten für Zutaten gehören.
- Oder: Du bist für die Schulung und Entwicklung von drei neuen Mitarbeitenden verantwortlich. Alle drei haben das Schulungsprogramm in nur acht statt der üblichen zwölf Wochen absolviert. Deine Bar hat nun drei BarkeeperInnen mehr, die nach höchsten Standards arbeiten und dem Lokal mehr Flexibilität bei der Dienstplanung ermöglichen.
- Du konntest die Lagerbestände 5 % unter Budget halten, das deine Vorgesetzte bzw. dein Vorgesetzter vorgegeben hat. Darüber hinaus hast du Ausschank-Deals für die meisten Produkte mit hohen Lagerbeständen ausgehandelt, was zu einer Umsatzsteigerung um weitere 5 % führte.
Dies sind zwar recht vage Beispiele, sie verdeutlichen jedoch, wie du deine Ergebnisse mit Zahlen belegen kannst, die deinen Wert für den Betrieb zeigen.
- Trage alle Fakten, unterstützenden Informationen, früheren Leistungsbeurteilungen/Kennzahlen etc. zusammen. Auch wenn du dir dabei komisch vorkommst – als jemand, der schon auf beiden Seiten gesessen hat, kann ich dir sagen, dass es deutlich einfacher ist, wenn beide Parteien vorbereitet sind.
- Halte alles fest und mach dir Notizen. Mit einer App wie AirTable oder Evernote kannst du all deine Gedanken, Ideen, Rezepte etc. dokumentieren. Gut organisiert zu sein, hat mir vor allem in den hektischen Phasen meines Lebens geholfen, fokussiert zu bleiben. Dazu gehört auch, alle Aufgaben in einen Kalender einzutragen und sie morgens abzuhaken.
5 Punkte zum Merken
1. Jeder fängt mal klein an. Sei geduldig mit dir selbst – eine Karriere aufzubauen, braucht Zeit
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2. Treib dich selbst an – die Branche steht im ständigen Wandel, fordere dich selbst heraus und lerne so viel du kannst
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3. Arbeite hart – dein Einsatz wird sich auf lange Sicht auszahlen. Abkürzungen führen dich ins nirgendwo – du musst die nötige Zeit in deinen Karrierefortschritt und deine Entwicklung investieren
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4. Gib auf dich Acht – riskiere keinen Burnout, der in der Branche keine Seltenheit ist. Kümmere dich daher so gut du kannst um deine mentale und körperliche Gesundheit
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5. Vorbereitung ist der Schlüssel zum Erfolg – verliere den Papierkram nicht aus den Augen, während du dich auf die praktischen Dinge konzentrierst. Mach dir Notizen und arbeite strukturiert