
INTENSIVERE AROMEN FÜR EINEN LÄNGEREN GENUSS
Zum Verlängern von Getränken macht man sich bestehende Rezepte für meist traditionelle oder klassische Cocktails (die üblicherweise einen hohen Alkoholgehalt haben) zunutze und überträgt ihre Aromen und Zutaten in ein neues Format. Man serviert sie beispielsweise statt in einem Cocktailglas in einem hohen Longdrinkglas.
Dazu muss man sich allerdings intensiv mit dem traditionellen Rezept des entsprechenden Cocktails befassen und ihn unzählige Male zubereitet haben. Nur so weiß ein professioneller Barkeeper, wie flexibel der Charakter des Cocktails ist. Er weiß, wie das Getränk verlängert werden kann, ohne den Charakter zu verfälschen, und was geht und was nicht.
Das neue Format eines Cocktails soll dem Gast die Möglichkeit geben, ein Getränk länger zu genießen, ganz im Sinne eines bewussten Alkoholkonsums. Dadurch wird älteren Rezepten nicht nur neues Leben eingehaucht, auch der Gewinn einer Bar kann davon profitieren, da die Cocktails meist weniger Spirituosen enthalten und Happy-Hour-tauglich sind.
Ich erweitere unsere Karte gerne in den Sommermonaten mit ein paar verlängerten Klassikern. Hier also ein paar meiner Lieblingsrezepte zum Antesten...

RUSTY NAIL
Die Geschichte des Rusty Nail ist so verworren und es existieren so viele Legenden und Erzählungen dazu, dass er unter den Barkeepern absoluten Kultstatus erreicht hat. Dieser aus 2 Zutaten bestehende Drink kam unter zahlreichen anderen Namen und mit unterschiedlichsten Mischverhältnissen unter die Leute und die ursprünglichen Geschichten dazu entstanden im Zeitraum der früheren 1930er bis Mitte der 1960er.
In meiner Lieblingsgeschichte über den Rusty Nail wurde der Cocktail um 1942 in Hawaii von dem Künstler Theodore Anderson kreiert. Ich mag den Gedanken, dass sich jemand einen Drink, der eher an kalte Nächte und gemütliche Stunden vor dem Kamin erinnert, im tropischen Klima von Hawaii ausdachte.
Das traditionelle Rezept ist sehr stark und war angeblich unter den Mitgliedern des Rat Pack sehr beliebt. Ich hatte irre Lust dazu, das markante Aromenprofil des Rusty Nail in eine etwas alltagstauglichere Variante des Drinks zu verwandeln.
Thematisch wollte ich die Einfachheit des Drinks und sein polynesisches Erbe erhalten. Daher entschied ich mich für die tropischen Fruchtnoten des Johnnie Walker Black Label, um den Drink abzurunden. Kokosnuss und Lavendel verleihen ihm den letzten Schliff.
REZEPT
45 ml Johnnie Walker Black Label
15 ml Drambuie
1 Spritzer Lavendelbitter
Mit Kokoswasser auffüllen
ZUBEREITUNG
Alle Zutaten in ein hohes, mit Eis gefülltes Glas geben und kurz verrühren.
(Alkoholgehalt pro Portion: 18,9 g)

BLOOD & SAND
Dieser Drink stammt direkt aus dem legendären Savoy Cocktailbuch von 1930, seine Geschichte geht jedoch sogar zurück bis ins Jahr 1922. Bereits acht Jahre vor dem Buch erlebte er sein Debüt bei der Premiere des gleichnamigen Stierkampffilms von Fen Niblo und Dorothy Arzner.
Natürlich spielte für die Torero-Version die Farbe Rot eine zentrale Rolle. Johnnie Walker Red Label eignet sich daher perfekt, um eine verlängerte Version dieses Cocktails zu kreieren. Mit dieser Spirituose wird dem Drink Lebendigkeit und Verspieltheit verliehen, kombiniert mit einem würzigen und cremigen Touch, den er braucht, um als verlängerte Version zusätzliche Komplexität zu erhalten.
Mir gefällt der Gedanke, dass die Elite Hollywoods den Blood and Sand als Aperitif genießt, daher wollte ich den Drink von schweren Aromen befreien, ohne das ursprüngliche Aromenprofil zu verlieren. Ein trockener Cava verleiht den markanteren Noten einen passenden Zitruskick und die leichte Rosmarinnote bringt alle Aromen wunderbar zusammen.
REZEPT
30 ml Johnnie Walker Red Label
30 ml Kirschlikör
30 ml Orangensaft
90 ml Sekt
Kleiner Zweig Rosmarin
ZUBEREITUNG
Alle Zutaten in ein Weinglas geben, anschließend mit Eis auffüllen. Kein Umrühren notwendig, da alles bereits durch das Hinzugeben des Eises vermischt wurde und das Getränk schön sprudelig bleibt.
(Alkoholgehalt pro Portion: 23,4 g)

COBBLE HILL
Dieser moderne Klassiker stammt aus dem Milk and Honey in New York City. Er wurde 2009 von Sam Ross als Cocktail auf Basis eines Rye Forward Bourbon kreiert.
Der talentierte Mr. Ross beschreibt seinen Drink schlichtweg als sommerlichen Manhattan, aber ich bin der Meinung, dass diese Beschreibung ihm nicht gerecht wird, denn er schmeckt das ganze Jahr über ausgezeichnet.
Mit meiner Interpretation sorgt der Drink dank frischen Zitrusnoten und Sodawasser für noch mehr Sommergefühle.
Ich habe die grundlegenden Aromen des Cobble Hill in eine längere und leichtere Version übertragen, indem ich statt des Rye Bourbon auf die frischen Zitrusaromen des Johnnie Walker Red Label setze.
Zimt und Gewürze geben dem Montenegro genug Raum, ohne zu dominant zu sein. Zum Schluss garniere ich mit Gurke für einen erfrischenden Ausgleich. Jede Zutat muss eine Bereicherung sein. Wenn sie das nicht schafft, dann lasse sie einfach weg.
REZEPT
45 ml Johnnie Walker Red Label
22,5 ml Montenegro
15 ml Zitronensaft
15 ml Zuckersirup
3 Scheiben Gurke
Mineralwasser
ZUBEREITUNG
Gurke andrücken, alle anderen Zutaten, außer das Mineralwasser, hinzugeben und kräftig shaken.
Ein hohes Glas mit Eis füllen und 100 ml Mineralwasser hinzugeben.
Die Mischung langsam über das Eis und das Mineralwasser gießen (so vermischt sich alles gleichmäßig miteinander und das Mineralwasser setzt sich nicht oben ab).
Mit einer Gurkenscheibe garnieren.
(Alkoholgehalt pro Portion: 18,4 g)
WICHTIGE ERKENNTNISSE
- Durch gekonntes Verlängern von Getränken steigerst du den Umsatz deiner Bar und kannst den Gästen gleichzeitig bekannte Aromen in neuen Formaten anbieten.
- Verlängerte Getränke werden weltweit immer beliebter und erlauben einen geringeren Alkoholgehalt pro Glas.
- Bei mengenmäßig größeren Getränken können Barkeeper oftmals kreativer werden.
- Die Herausforderung beim Verlängern traditioneller Aromenprofile besteht darin, die richtige Balance und das passende Verhältnis zu finden.
- Wichtig dabei ist, das ursprüngliche Rezept verstanden zu haben, bevor man damit herumexperimentiert. Nicht umsonst haben wir es mit Klassikern zu tun, denen allenfalls ein aromatisches Upgrade gut tut. Auf keinen Fall sollen die Aromen dabei ersetzt werden.